Menüvorschläge: Sechzehn Gänge purer Luxus
Oben und rechts: Aus dem Universallexikon der Kochkunst
(1886)
Rechts: Eine Beschäftigung mit alten
Speisefolgen bringt die Eintönigkeit der
Galadiners zutage: Schildkrötensuppe,
Steinbutt, Hummer, Kaviar, Singvögel und
immer wieder Trüffeln. Da ist das
rechtsstehende Menü richtig
abwechslungsreich (Blüher, Meisterwerk,
1910):                            
Nicht erlaubt: „Geschmacklos“ befand
Moritz Richter die Sitte, Gerichte nach
französischen Mätressen zu benennen
(Comtesse du Barry ganz oben und
Marquise de Pompadour darunter).
A lá Du Barry meint mit weißer Sauce
maskiertem, überbackenen Blumenkohl
serviert. Noch heute heißen Rezepte mit
Blumenkohl und weißer Sauce a lá Du
Barry. Die Marquise de Pompadour gab
ihren Namen für pürierte und ganze
Creme-Champignons oder
Tomatensauce mit Schinken und
Trüffeln oder weißes Trüffelragout mit
Krebsschwänzen für Fisch. Weitere
„französische Kokotten“, die ihren
Namen der Gastrophilie überlassen
haben:
Agnes Sorel,
Mätresse Karl VII:
Mit Trüffel und
Zungenstreifen
gespicktes Fleisch
wird mit
Champignonpüree
und
Zungenscheiben
umlegt. Auf jede
Scheibe kommt ein
Trüffelscheibchen.
Marion Delorme,
Mätresse Louis
XIII und seiner
Söhne:
Champignon-
püree mit
Zwiebelmus
vermischt in
Artischocken-
böden gefüllt.
Marie de Rohan-
Montbazon,
Herzogin von
Chevreuse,
„Lebefrau“:
Kroketts aus
Champignon mit
Sauce
Bordelaise.
Oder
Artischocken
böden mit
grünem
Erbspüree.
Oder pochierte
Austern, Krabben
und
Krebsschwänze.
Louise de La
Valliére, Mätresse
Louis XIV:
Julienne von
Trüffeln und
Champignons mit
Madeirasauce,
Schmelzkartoffeln,
extra
Madeirasauce.
Madame de
Maintenon,
Mätresse Louis
XIV:
Pochierte Austern
und kleine
Fischklößchen.
Oder
Champignons mit
Zwiebelmus.
Oder Trüffel-
scheiben,
Herzoginkartoffeln
und Zwiebelmus.
Historische Speisefolgen und Menüs
Nun, meine Herren - lassen Sie es sich
schmecken. Tatsächlich gab es
Unterscheidungen in Menüs die nur für
Männer oder Damen abgehalten wurden.
Wobei ein reines “Damenessen” eher ein
Café und seltener ein Frühstück war, bei
dem es auch herzhafte Speisen gab. Ein
Herrenessen gab man z.B. vor einem Spiel
oder einer geschäftlichen Besprechung in
größerem Rahmen eher abends, seltener
mittags. Danach siedelten die Herren ins
Raucherzimmer über. Bei einem
Herrenessen hatte keine Frau etwas zu
suchen, auch die Hausherrin nicht.
Damen trafen sich eher im Salon und zwar
zur Nachmittagszeit. Dann hatte die
Gnädigste Zeit und Muße, während sich ihr
Personal um das Abendessen kümmerte
bzw. im Hause der Gastgeberin natürlich
dieser zur Hand ging.
Ein weiterer sehr üppiger Menü-Vorschlag
mit 16 Gängen. Das Fleisch unter Punkt 5
war kein Braten (wie unter Punkt 9), 
sondern durfte auch eine Zunge oder
anderweitig gekochtes Fleisch sein.
Zweierlei Braten hieß zumeist ein zahmes
und ein wildes Tier oder aber einen
großen Geflügelbraten (Gans oder Pute)
und unbeflügeltes Haustier. Auch wurde
hier die Unterscheidung zwischen
braunem und weißem Braten getroffen.
Dies war allerdings eine Unterscheidung
im Fleische, nicht in der Zubereitung, wie
unter Punkt 6 und 7. (Davidis, Praktisches
Kochbuch, 1862)
"Auf russische Art serviert" ist die noch heute
übliche Art (nur das sie nicht mehr "russisch"
heißt), nur den Hauptbestandteil des Ganges
vorzulegen und dann die Gäste sich an den
Beilagen selbst bedienen zu lassen.
Der Russische Service bedeutet aber auch das
Anrichten der Speisen in Gängen, vorher war es
üblich, alle Gerichte auf einmal auf die Tafel zu
stellen (das war dann “Französische Art”).
Man kann davon ausgehen, daß Menüvorschläge immer üppiger ausfielen, als sie letztendlich umgesetzt wurden. Die beiden
unteren Vorschläge sind für einen bürgerlichen Haushalt gedacht (wie man an den Speisen erkennen kann), werden doch
dort bescheidener aufgetragen worden sein, selbst an einem Sonntag.
Menüvorschläge sind in jedem Kochbuch zu finden, um die
Hausfrau zu unterstützen. Aber auch das Universal-Lexicon
der Kochkunst bot viele solcher Menüvorschläge an, denn
vermutlich wurde im gutbestellten Bürgerhaus oder beim
Adel ein professioneller Koch angeheuert, um die
Leckerbissen für die Gäste vorzubereiten, so daß solche
Beispiele und Vorschläge auch für Profis wertvoll waren.
Im Universal-Lexicon gibt es vor allem breitgefächerte
Vorschläge unterteilt in groß und klein, unterschiedlich
serviert (russisch, französisch), mit unterschiedlichen
Schwerpunkten (deutsch, englisch) und vor allem Beispiele
für Feiertagsmenüs und größere Gesellschaften.
Fête champêtre ist ein Lampionfest
Paukenkessel-Tee wird heute immer noch zelebriert. Es
handelte sich um eine Art Neuigkeiten-Forum, welches sich
von Kaffeeklatsch dadurch unterschied, daß nicht nur
Frauen eingeladen wurden.
Tanztee ist etwas, daß heute von der Cocktailparty abgelöst
wurde: Ein Möglichkeit, unverbindlich Gleichaltrige
derselben Gesellschaftsschicht kennenzulernen.